Archälogische Spuren
von Eckart Österle
Verfolgt man die Spuren der frühen Menschen, so stößt man auf zahlreiche Funde von Speer- und Pfeilspitzen, die die Nutzung von Abstandswaffen für Jagd und Verteidigung dokumentieren.
Zum Beispiel die in der späteren Acheulean Epoche (ca 400 000 – 200 000 Jahre vor unserer Zeitrechnung) hergestellten hölzernen Lanzen , deren feuergehärtete Spitzen erhalten geblieben sind. Sie waren aus Eibenholz hergestellt, was sich später als eines der besten Hölzer im Bogenbau erwies.
Die ersten aus Stein gefertigten Speerspitzen werden auf ein Alter von etwa 150 000 bis 130 000 Jahre datiert.
Legt man das Alter einer Generation mit 30 Jahren fest, so bedurfte es der Erfahrungsgewinnung weiterer 4.000 Generationen, um von der Nutzung des Speeres zur Speerschleuder zu gelangen, deren Gebrauch vor ca 20.000 Jahren nachgewiesen werden kann.
Die ersten Bogenpfeile aus Kiefernholz werden auf ein Alter von ca. 10.000 Jahren datiert.
Dies ist ein interessanter Fund, denn im Allgemeinen überdauern organische Materialien nur in ganz glücklichen Ausnahmefällen.
Prähistorische Bögen
Die archäologischen Zeugnisse belegen die unabhängige Entwicklung des Bogens in den steinzeitlichen Kulturen des menschlichen Verbreitungsgebietes mit Ausnahme Australiens.
Australien wurde vor ca. 60.000 Jahren besiedelt und hat keine Form des Bogens und dessen Gebrauch entwickelt.
Man geht davon aus, dass in Afrika und in der Folge in Europa bereits vor 30.000 – 15.000 Jahren Bogen benutzt wurden.So wurde zum Beispiel im schwedischen Stellmoore ein Bogen aus Kiefernholz gefunden, der auf ein Alter von etwa 9.500 Jahren geschätzt wird und damit der bislang älteste europäische Fund ist.
Ein Bogen aus Ulmenholz stammt aus dem dänischen Holmegaard aus einer Zeit vor ca 8.000 Jahren. Der in den Ötztaler Alpen gefundene Mensch (ca 5000 Jahre alt) hatte eine gut erhaltene Bogenausrüstung bei sich und in der Region Ost Schweiz und Bodensee geben eine Reihe von interessanten Funden Aufschluss über den steinzeitlichen Gebrauch und Bau des Bogens.
Entwicklung des Bogens:
Die unterschiedlich zur Verfügung stehenden Baumaterialien führten zu einer Differenzierung der Bogenformen. Dort, wo kein ausreichender Baumbestand das Holz für die ursprünglichen Langbogen lieferte, mussten die Bogen in Compositbauweise aus mehreren Teilen und unterschiedlichen Materialien wie Holz, Horn und Sehnen zusammengesetzt werden.
So entstanden in den ausgedehnten Tundren im Osten zusammengesetzte Bögen, die enorm leistungsfähig waren und die die Tradition des Recurve-Bogens einleiteten.
Auch der Recurve dürfte auf eine mehr als 3.000 – jährige Tradition zurückblicken. Der Bogen wurde in den unterschiedlichen Kulturkreisen weiterentwickelt und erlangte neben der Jagd vor allem durch seine militärische Nutzung eine besondere Bedeutung.
Im vorderen Orient wurde der Recurve von verschiedenen Völkern eingesetzt. Skythische Truppen, als Eliteeinheiten im römischen Heer integriert, trugen zur Ausdehnung des römischen Reiches bei. Über sie gelangte der Recurve bis nach England, wo er in Reliefdarstellungen des 2.Jahrhunderts festgehalten ist. Dort setzt sich jedoch der Langbogen durch und stellte eine feste Größe in den Schlachten des 11. bis 15. Jahrhunderts in England dar.
Während der Reichsgründung und der Beutezüge der Mongolen im 13. Jahrhundert spielte der kurze recurve Reiterbogen eine besondere Rolle in der Kampftaktik.
Auf eine ebenfalls sehr lange Tradition blickt der eigenwillige japanische Bogen zurück, der ein zentraler Bestandteil der Kunst des Samurai war.
Durch die Entwicklung der Feuerwaffen wurde der Bogen zurückgedrängt und war im Wesentlichen auf die Nutzung durch Naturvölker beschränkt.
Die Wiedergeburt des Bogens
In allen Bogenschießkulturen bestand das Bogenschießen immer aus einer technischen und einer seelisch–geistigen Tradition. Die Beherrschung der Technik und die Bereitschaft, sich geistig mit dem Bogen und letztlich mit dem Treffen auseinanderzusetzen, waren eine untrennbare Einheit.
Möglicherweise waren es gerade diese Dimensionen, die die „kunstlose Kunst“ über die Jahrhunderte bewahrte und die Ende des 19.Jahrhunderts in Amerika zu einer Wiedergeburt des jagdorientierten Bogenschießens in Amerika und in England zur Wiederentdeckung als Sportgerät höherer sozialer Schichten führten.
Als eigentlicher Vater des modernen Bogensports gilt jedoch der Amerikaner Saxton Pope, der Anfang des 20. Jahrhunderts in seinem viel beachteten Buch „Hunting with Bow and Arrow“ die Bogen – Kenntnisse eines Indianers festhielt und damit die Sehnsucht vieler nach natürlichen Techniken traf.
Das Interesse am Bogen nahm seither stetig zu und die Erfindung des Compoundbogens 1970 löste einen regelrechten Boom aus.
Im Jahre 1972 wurde das Bogenschießen erstmals olympische Disziplin und wurde damit einer größeren Öffentlichkeit zugänglich.
In den letzten Jahren wird Bogenschießen immer häufiger auch als Urlaubsanimation angeboten und trägt damit zu einer Entwicklung bei, die den Bogensport von einer Randsportart zu einer Freizeitbeschäftigung mit großer individueller Bandbreite macht.